"eine Leidenschaft, die Leiden schafft"
Berchtesgadener Land Radmarathon (2010)

"eine Leidenschaft, die Leiden schafft"

Ist es zu steil - bin ich zu schwach

Dieser leicht abgeänderte Werbeslogan eines Pastillen-Herstellers beschreibt sehr treffend meine derzeitige Situation. Das Problem mit dem ersten Berg blieb mir auch in St. Michael nicht erspart.

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In dieser Gruppe wäre ich gerne gefahren, aber Radsport ist kein Wunschkonzert :-)

Wie so oft, kam ich auch an diesem Morgen nicht in die Gänge und habe so manche Minute ungenutzt verstreichen lassen. So kam es, dass ich mich bei der Startaufstellung etwas weiter hinten einreihen musste. Bei diesem Wettkampf ist dies jedoch kein Problem, da bis zum ersten Berg noch genügend Zeit bleibt, um ganz nach vorne zu fahren. So bog ich dann auch (im vorderen Bereich liegend) von der Hauptstraße in Richtung Schönfeld ab.

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Eine Klasse für sich: Paul Lindner

Im letzten Jahr haben wir die ersten vier Berge noch in einer etwa zwanzigköpfigen Gruppe, geschlossen und ohne Attacken zurückgelegt, doch dieses Jahr war Ausreißerkönig Paul Lindner dabei. Seine Tempoverschärfung nach den ersten Kehren sorgte dafür, dass sich bereits hier die Spreu vom Weizen trennte. Das wäre ja eigentlich nicht schlimm gewesen, aber leider gehörte ich nicht zur Spreu :-( Paul fuhr wie so oft, am ersten Berg allen Anderen davon und untermauerte somit seine Favoritenrolle. Danach bildete sich eine Gruppe mit ca. 10 Fahrern, der auch ich noch einige Kilometer angehörte. Mir wurde jedoch relativ schnell klar, dass ich diesen Puls nicht bis oben halten konnte und so musste ich (wie so oft in diesem Jahr) abreißen lassen. Natürlich ging das nicht nur mir so, auch andere Fahrer mussten diesem Tempo Tribut zollen und so fand ich kurze Zeit später einen Weggefährten, mit dem ich diesen und die nächsten beiden Berge gemeinsam zurücklegen konnte. Bei der Auffahrt zum Hochrindl musste mein Begleiter dann leider zurückstecken und ich durfte den Rest der Strecke und hiermit meine ich bis ins Ziel, alleine zurücklegen. Letztes Jahr hatte ich ja meinen Sieg auch mit einer 140-Kilometer-Solofahrt abgeschlossen, aber mit der Euphorie und den Glückshormonen eines Führenden geht das eben einfacher. Nach dem Hochrindl ging's nach Flattnitz, wo auf dem Berg auch die Streckenteilung anstand.

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…und immer noch kein Stefan in Sicht

Zum besseren Verständnis: Bei diesem Event kann man noch während des Rennens entscheiden, welche Strecke man beenden möchte. In meinem Fall war dies (mir fällt es nicht leicht dies zu schreiben) die kurze Strecke. Wenn man bei über 160 Kilometern und 3.400 Höhenmetern von einer kurzen Strecke sprechen mag, das sind immerhin fast die Streckendaten des Dreiländergiros. Meine Entscheidungsgrundlage habe ich mir selbst folgendermaßen zurechtgelegt: Die 7 Fahrer vor mir, haben sich gleichmäßig auf beiden Strecken verteilt, wie ich von den Zuschauern erfahren konnte. Paul Lindner und zwei Verfolger fuhren die Ultra- und die restlichen 4 Fahrer wählten die Classic-Strecke. Auf beiden Strecken hatten die vorausfahrenden Konkurrenten einen uneinholbaren Vorsprung und waren dazu noch in Gruppen unterwegs, wogegen ich auf mich alleine gestellt war. Da mein Problem derzeit nicht im Ausdauerbereich liegt, hätte die längere Runde keinen erheblichen Trainingsmehrwert gehabt. Mit diesen Argumenten hatte ich mein Gewissen beruhigt und die kürzere Variante gewählt. Die restlichen Kilometer bis ins Ziel galt es noch, nach hinten abzusichern und meine fünfte Position zu verteidigen.

Meine Wettkampfzeit ist bei einem unfreiwilligen "Einzelzeitfahren" von 120 Kilometern natürlich sehr bescheiden um nicht zu sagen sehr schlecht. Letztendlich war für mich an diesem Tag einfach nicht mehr drin. So hart, aber gerecht ist nun mal ein Radmarathon in den Alpen: Wenn man in den Bergen mit den Schnellsten nicht mithalten kann, bleibt einem im Flachen nur noch eine Solofahrt oder das Warten auf eine langsamere Gruppe.

Samsonman der Classic-Strecke wurde Philip Goetsch aus Dorf Tirol (I), Platz zwei erreichte Robert Mitosinka aus Ostrov in Slowenien und Dritter wurde Hannes Fischbacher aus Flachau. Mit einem erheblichen Rückstand kam ich als fünter ins Ziel, was bei meiner Altersklasse sogar noch für den dritten Platz reichte. Auf der Ultra-Strecke wurde Paul Lindner aus Salzburg seiner Favoritenrolle gerecht und siegte mit einem Durchschnitt von 30,81 km/h. Auf den zeiten Platz fuhr Walter Lehki aus Kirchdorf. Andreas Bauer aus Mariapfarr wurde Dritter und komplettierte somit ein rein österreichisches Podium.

Zum Abschluss möchte ich es nicht versäumen die gute Organisation zu erwähnen. Besonders hervorheben möchte ich die unzähligen Polizisten, welche die Strecke und den Verkehr professionell und hundertprozentig abgesichert haben. Auch die vielen Streckenbeschilderungen finde ich sehr positiv. Besonders als "Solofahrer" freut man sich immer wieder, eines dieser Schilder zu sehen. Schließlich könnte man ja auch falsch gefahren sein, wenn weit und breit kein anderer Teilnehmer zu sehen ist ;-)

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Selbst als Fünfter wurde ich noch interviewt

Ergebnisliste (Platz 5 | 05:24:51 h)